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Computational Fluid Dynamics in der Erforschung nachhaltiger Papierproduktionsmethoden

CFD Simulation der Trockenzylinder einer Papiermaschine
FOMOP, MFP Lab
1. November 2024

Im Forschungscluster Modellfabrik Papier (FOMOP) erforschen wir mit unseren Forschungspartnern, wie sich die industrielle Papierfertigung klimafreundlicher und energieeffizienter gestalten lässt. Dabei setzen unsere Forschungsteams auf Methoden der numerischen Strömungsmechanik oder Computational Fluid Dynamics (CFD). Noch ist diese Methode in der Grundlagenforschung zur Papierherstellung wenig verbreitet. Dabei bietet sie eine Reihe von Vorteilen.

Strömungsmechanik ist in unserer Welt allgegenwärtig. Sie zu analysieren und vorherzusagen, ist durchaus aufwändig. „Will man beschreiben, wie Luft durch ein gerades Rohrstück strömt, lässt sich der Strömungsprozess bei solch einfachen Geometrien noch relativ leicht auf Papier mit Stift und Taschenrechner berechnen“, sagt Steffen Flaischlen, Gruppenleiter im Forschungsprojekt FOMOP. Doch schon bei einer leichten Krümmung führt diese Methode nicht weiter. Wird es komplexer und kommen weitere Parameter wie Temperatur oder Druck hinzu, setzen Forschende, Verfahrenstechniker und Maschinenbauingenieure auf die numerische Strömungssimulation – kurz: CFD (Computational Fluid Dynamics).

CFD macht es möglich, Strömungsverläufe, Wärme- und Stofftransporte zu analysieren und ihre Auswirkungen auf ein Anlagensystem oder ein Produkt zu verstehen. Mithilfe von CFD werden verschiedene Strömungseigenschaften wie Temperatur, Druck, Geschwindigkeit und Dichte rechnerisch nachgeahmt und visualisiert, ohne tatsächliche Messungen in realen Betriebsumgebungen durchführen zu müssen. Was in der Aerodynamik, in der Wärmeübertragung oder auch in der Biomedizin angewendet wird, ist auch in der Erforschung und Entwicklung innovativer Lösungen für die nachhaltige Papierherstellung ein hilfreiches Forschungswerkzeug. Es erlaubt Einblicke in die physikalischen Abläufe im Inneren einer Papiermaschine, die von außen schwer einsehbar sind und im Rahmen von Experimenten – wenn überhaupt – nur sehr aufwändig oder nur lokal möglich sind. Zum Beispiel in die Trockenpartie.

Herausforderung Trockenpartie

Hier fällt der Löwenanteil des Energiebedarfs in der industriellen Papier- und Kartonherstellung an. In der Trockenpartie wird der Papierbahn das restliche Wasser, das in der vorgelagerten Pressenpartie mechanisch nicht entfernt werden konnte, thermisch entzogen. Unter dem Einsatz von Wärme und trockener Luft wird das Wasser, das zwischen und in den Zellulosefasern gebunden ist, über mehrere Trockenzylinder hinweg verdampft. Gut 60 Prozent des gesamten Energieverbrauchs fallen beim Trocknungsprozess an, um den Endtrockengehalt von Papier zu erhalten.

CFD als Forschungstool

Ein Ansatz der FOMOP-Forschung verfolgt die Idee, diesen hohen Energiebedarf in der Trockenpartie im herkömmlichen Fertigungsprozess zu minimieren. „Dafür müssen wir zunächst den komplexen Strömungsprozess und das Verhalten des Wasserdampf-Luft-Gemischs in der Trockenhaube einer Papiermaschine verstehen. Die computergestützte numerische Methode hilft uns, um die Phänomene zu beschreiben und das Strömungsverhalten in den Taschen und im Umfeld mehrerer Trockenzylinder zu berechnen“, erklärt Forschungsgruppenleiter Johannes Lunewski.

Strömungsprozesse sichtbar machen

Diese Bestandsanalyse hilft, die Ausgangssituation zu definieren. „Wir erstellen zunächst ein geometrisches Modell des zu beschreibenden Gebiets, das in einem zweiten Schritt simuliert wird.“ Der Ablauf einer Strömungssimulation erfordert eine gründliche Planung, um sicherzustellen, dass Modell, Gittergröße und numerische Einstellungen richtig ausgewählt werden, um zuverlässige und aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten.

Besseres Prozessverständnis

Erweiterte CFD-Simulationen können auch mehrphasige Strömungsabläufe berechnen. Etwa wenn darin chemische Reaktionen stattfinden oder die Luftströmung – wie in der Trockenpartie einer Papiermaschine – gleichzeitig auch Wasser oder Wasserdampf enthält. Damit nimmt die Komplexität einer numerischen Berechnung deutlich zu. Doch der Vorteil rechnet sich: Der so gewonnene Einblick in die Vorgänge in der Trockenpartie liefert ein verbessertes Prozessverständnis und hilft, schneller und zuverlässiger mögliche neue Ansätze zur Energieeinsparung zu finden. „Auf diese Weise können wir Optimierungsmaßnahmen ausloten, ohne in die laufende Produktion einzugreifen und ohne viel Zeit und Geld in physikalische Experimente zu investieren“, erklärt Lunewski.

Mit CFD realitätsnah forschen

Die Simulation ermöglicht es, verschiedene Varianten und einzelne Maßnahmen wie bauliche Veränderungen oder die Änderung von Eingangsparametern wie Temperatur und Feuchtegehalt virtuell zu testen. Auf diese Weise werden unterschiedliche Optimierungsansätze in der Trockenpartie theoretisch geprüft und deren Auswirkungen auf das Betriebsverhalten einer Trockenhaube auf verschiedenen Größenskalen bewertet.

„CFD identifiziert Optimierungspotenziale ohne Eingriffe in den laufenden Betrieb, zeigt Einsparpotenziale auf und ermöglicht die Bewertung einzelner Maßnahmen virtuell bei zunächst minimalem experimentellem Aufwand.“

Papierlegung ohne Wasser?

Ein gänzlich anderer Ansatz der FOMOP-Forschung verfolgt die Idee, auf den Einsatz von Wasser in der Papierherstellung zu verzichten. Die Funktion des Wassers als Transportmittel von Fasern muss dafür durch ein anderes Trägermedium ersetzt werden – zum Beispiel durch Luft. Noch ist dieses Konzept Neuland. „Um zu verstehen, wie sich Papierfasern in einer Luft- statt in einer Wasserströmung verhalten, setzen wir auf die numerische Strömungssimulation. So können wir die zugrundeliegenden strömungsmechanischen Effekte besser verstehen,“ sagt Forschungsgruppenleiter Steffen Flaischlen. Ein weiterer Vorteil: „Mit Hilfe von CFD können wir vorhersagen, wie sich unter Berücksichtigung verschiedener physikalischer Eigenschaften und Bedingungen die eingesetzten Fasern in einer Luftströmung verhalten.“

Die Herausforderung liegt dabei in der Größe von Fasern. „Wir müssen daher Vereinfachungen schaffen, die es erlauben, das Verhalten der sehr kleinen Fasern im richtigen Größenverhältnis zu einer großen Papiermaschine richtig darzustellen und zuverlässige Ergebnisse zu erhalten“, erklärt Flaischlen. Dieses Wissen braucht es, um die Möglichkeiten der trockenen Papierlegung virtuell auszuloten und die Entwicklung neuer, disruptiver Lösungen für die trockene Papierlegung zu unterstützen.

Technologieentwicklung beschleunigen

CFD ist in vielen Industriebereichen zu einem Standardwerkzeug für Optimierung und Auslegung geworden. Zunehmend wird die Methode auch in der Prozessindustrie eingesetzt. Für die Forschung zur klimaneutralen Papierproduktion bieten die Methoden der numerischen Strömungsmechanik eine ganze Reihe von Vorteilen. Gerade dort, wo Einblicke in den hochautomatisierten, mehrstufigen Herstellungsprozess in vielen Bereichen einer Papiermaschine schwierig ist. „Dort, wo man nicht oder nur lokal an bestimmten Stellen Messdaten nehmen kann, verhilft CFD zu genaueren Erkenntnissen“, so Flaischlen. „Mitunter können wir Phänomen beschreiben und darstellen, die in der realen Papiermaschine so nicht – oder nur mit erheblichem Aufwand – messbar sind.“

Der Einsatz von CFD ersetzt zwar das experimentelle Forschen nicht, ergänzt aber das wissenschaftliche Vorgehen mit einer numerischen Methodik, die in einer frühen Forschungsphase sehr zuverlässige Informationen liefert und in Vorbereitung von Experimenten oder Testständen eine zusätzliche Wissensebene schafft.

Die Methode der numerischen Strömungsmechanik bietet eine Reihe von Vorteilen für die Erforschung nachhaltiger Papierproduktionsmethoden: CFD identifiziert Optimierungspotenziale ohne Eingriffe in den laufenden Betrieb, zeigt Einsparpotenziale auf und ermöglicht die Bewertung einzelner Maßnahmen virtuell bei zunächst minimalem experimentellem Aufwand.

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