Kein Dampf verlässt die Papierfabrik! Unter diesem Motto erforscht ein Teilprojekt des Forschungsclusters Modellfabrik Papier, wie Hochtemperatur-Wärmepumpen die Papiertrocknung revolutionieren können. So wird die energieintensivste Prozessstufe in der Papierproduktion klimafreundlicher.
Der Löwenanteil des Energiebedarfs in der industriellen Papier- und Kartonherstellung fällt in der Trockenpartie der Papiermaschine an. Hier wird der Papierbahn das restliche Wasser, das in der vorgelagerten Pressenpartie mechanisch nicht entfernt werden konnte, thermisch entzogen. Unter dem Einsatz von Wärme und trockener Luft wird das Wasser, das zwischen und in den Zellulosefasern gebunden ist, über mehrere Trockenzylinder hinweg verdampft. Obwohl der Wassergehalt der Papierbahn in dieser Prozessstufe nur noch gering ist, fallen gut 60 Prozent des gesamten Energieverbrauchs fallen allein für die Trocknung an, um schließlich den gewünschten Endtrockengehalt des Papierprodukts zu erhalten.
Genau hier setzt ein Forschungsschwerpunkt der Modellfabrik Papier im Forschungscluster FOMOP an: Die Integration von Hochtemperatur-Wärmepumpen verspricht, diesen Teil des konventionellen Herstellungsverfahrens in bestehenden Papiermaschinen deutlich klimafreundlicher zu gestalten. „Vereinfacht gesagt wollen wir die Abwärme, die bisher ungenutzt in der feuchten Abluft verloren geht, zurück in den Prozess bringen. Die Hochtemperatur-Wärmepumpe gewinnt aus der Abluft Wasserdampf und Wärme zurück und nutzt sie, um den benötigten Sattdampf für die Trockenzylinder wieder bereitzustellen“, fasst FOMOP-Gruppenleiter Dr. Johannes Lunewski den Ansatz zusammen.
Einfach, aber wirkungsvoll: Kein Dampf verlässt die Papierfabrik!
Ihr Grundprinzip ähnelt dem von Wärmepumpen, die viele aus Einfamilienhäusern kennen: Sie entziehen ihrer Umgebung Wärme aus niedrigen Temperaturen und heben diese mithilfe von Strom auf ein höheres Temperaturniveau an. Der große Unterschied liegt in der Dimension und der Zieltemperatur: Während eine Hauswärmepumpe typischerweise für 35–60 °C Heizwärme ausgelegt ist, erreichen industrielle Hochtemperatur-Wärmepumpen Temperaturen bis über 120 °C. Genau wie im Wohnbereich nutzen sie dabei Energie, die sonst ungenutzt verloren ginge, etwa aus warmer Abluft, Kondensaten oder Prozesswasser. In die Trockenpartie von Papiermaschinen integriert, kann so Wärme im System gehalten und wiederverwendet werden. Auf diese Weise werden große Energiemengen aus fossilen Quellen eingespart und es wird weniger CO2 ausgestoßen.
Erste Projekte aus der Papierindustrie zeigen, dass Hochtemperatur-Wärmepumpen einen wichtigen Teil des Dampf- und Wärmebedarfs decken können und sich gut in hybride Systeme sowie flexible, elektrifizierte Energienetze einfügen.
Technische und betriebliche Grenzen
Gleichwohl gibt es noch eine Reihe von technischen und betrieblichen Herausforderungen: Die Trocknung der Papierbahn speziell in der Herstellung von grafischen Papieren und Pappe benötigt häufig hohe Dampftemperaturen oder -drücke, die nicht jede Wärmepumpe direkt liefern kann. Oft entstehen deshalb Lösungen, bei denen die Wärmepumpe einen Teil der Wärme liefert, während der Rest über bestehende Dampferzeuger abgedeckt wird.
Zudem hängen Effizienz und Wirtschaftlichkeit stark vom Temperaturniveau und den Eigenschaften der verfügbaren Abwärme ab. „Wenn die Abluft mehr Wasserdampf enthält, liegt der Taupunkt höher, was eine höhere Betriebstemperatur innerhalb der Haube erfordert, um Kondensation zu verhindern. Dadurch wird aber der Zugang zum Inneren der Trocknungshaube wird eingeschränkt und das Korrosionsrisiko von Maschinenteilen steigt“, erklärt Lunewski die Probleme. Würde diese hochfeuchte Luft lokal abgesaugt und als Quelle für Hochtemperatur-Wärmepumpen genutzt, stellen sich weitere Herausforderungen, vom zusätzlichen Platzbedarf bis zur Beeinträchtigung der Papierqualität.
Energie im System halten
„Ziel unserer Forschungsarbeit ist es, die Integration von Hochtemperatur-Wärmepumpen in die Trockenpartie von Papiermaschinen zu optimieren und den Übergang zu einer nachhaltigeren Papierherstellung zu beschleunigen“, so Lunewski. „Zusammen mit verschiedenen Forschungsteams der Forschungspartner PTS – Institut für Fasern und Papier gGmbH und dem Institut Nowum-Energy der FH Aachen arbeiten wir in verschiedenen Arbeitspaketen an innovativen Lösungen.“

Modellierung für die Optimierung der feuchten Abluft als Wärmequelle: Mit Methoden der numerischen Strömungsmechanik oder Computational Fluid Dynamics (CFD) werden Abschnitte der Trockenhaube modelliert, um das Strömungsverhalten in den Taschen und im Umfeld mehrerer Trockenzylinder zu simulieren und Kondensationszonen zu identifizieren. Anhand von virtuellen Tests können Einbauten in der Trockenhaube zur Regulierung der Wasserdampfbeladung geprüft werden.
Entwicklung eines Prüfstands zur Wärmerückgewinnung: Um die in der Abluft enthaltene Wärme effizient zurückzugewinnen und wieder nutzbar zu machen, wird der Wasserdampf mithilfe eines Kompressors mechanisch verdichtet, also auf einen höheren Druck gebracht und der Taupunkt verschoben, wodurch der Wasserdampf „heißer“ wird und schneller kondensiert. Diese Wärme kann dann für verschiedene Zwecke in den Produktionsprozess wieder eingespeist und genutzt werden.
Entwicklung eines Prüfstands zur alternativen Bereitstellung von Sattdampf mithilfe einer Hochtemperatur-Wärmepumpe mit Wasser als Kältemittel: Ziel ist es, nachzuweisen, dass eine wasserbasierte Wärmepumpe Niedertemperatur-Abwärme von 90°C über einen mehrstufigen Kompressionsprozess in Prozessdampf von 200 °C umwandeln kann.
Mittelfristig sollen beide Teststände in einer Pilotanlage kombiniert werden: Ziel ist es, ein in sich geschlossenes System zu entwickeln, das die Abwärme aus der Wärmerückgewinnung nutzt und in 200 °C heißen Dampf wandelt, der dann in die Trockenzylinder geleitet wird. Dort überträgt sich die Wärmeenergie auf die Papierbahn und kondensiert. Dieses Kondensat wird in den Hochtemperatur-Wärmepumpen-Kreislauf zurückgeleitet, nimmt wieder Wärme auf – und der Kreislauf beginnt von neuem. Damit entsteht ein sogenannter adiabatischer Prozess: Ein in sich geschlossenes System, das Energie effizient einspart und klimafreundlich nutzt.
Hochtemperatur-Wärmepumpen gehören auch in der Papierindustrie zu den vielversprechenden Technologien, um die energieintensivste Prozessstufe in der Papierherstellung klimafreundlicher zu gestalten. Forschungsziel der Modellfabrik Papier ist es, die Technologie so aufzustellen, dass sie sich effizient in den konventionellen Papierherstellungsprozess einbinden lässt und die Abwärme in einem nahezu geschlossenen im Kreislauf führt und wiederverwendet.
Kommen Sie gerne auf uns zu wenn Sie mehr über die Modellfabrik Papier, unsere Aufgaben und unsere Projekte erfahren möchten.
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